Inzwischen sind zwei Wochen vergangen und ich finde jetzt erst wieder Zeit und Gelegenheit, hier weiterzubloggen. Natürlich verblasst die Erinnerung bereits etwas, egal, wie intensiv das jetzt war. Und leider, das will ich an dieser Stelle auch nicht verschweigen, sind die schönen und wertvollen Erlebnisse von ein paar sehr unschönen Geschehnissen im Umfeld der Workshops überschattet worden. Aber der Reihe nach.
Nach dem vorsichtigen Einstieg und dem ersten Highlight im Newaza folgte erstmal eine Pause.
Zweieinhalb Stunden sind wie im Flug vergangen. Osada Steve Sensei zog sich zurück. Zeit zum Auftauchen aus dem Space. Zeit, sich selbst, die Gedanken und Gefühle zu sortieren und die Seile wieder aufzuschießen. Zeit, dem Körper jetzt dringend benötigte Energie zuzuführen. Denn dass unsere Körper und der Geist Energie benötigten, signalisierten sie uns mit einem plötzlich einsetzendem Freßflash. Wie gut, dass die Veranstalter der Workshopreihe für diesen Fall vorgesorgt und ausreichend Süßstoff bereitgestellt hatten.
Nachdem wir uns ausreichend gestärkt und regeneriert hatten, trafen wir uns erneut in der romanischen Halle. Jetzt sollte es in die Luft gehen. Aber zur Abwechslung mal nicht seitlich oder mit dem Gesicht zum Boden. Ebi Zuri (海老縛り) war angesagt. Steve so: Fessele doch mal einen Dreiseil-Takatekote und bitte andersherum! Ich so (in Gedanken) “Wie gut, dass wir uns damit nochmal auseinandergesetzt haben!” Um ehrlich zu sein, habe ich mit dem dritten Seil immer noch so hin und wieder meine Probleme.
Die Zweiseil-Varianten sind einem ja inzwischen dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, dass man mich vermutlich inzwischen Nachts um 3 wecken und mir dieses Pattern abverlangen könnte, und ich würde es hinbekommen. Vielleicht nicht in schön, aber wohl fehlerfrei und suspensionfähig. Sobald da ein drittes Seil dran soll, fangen die Probleme an. Wie läuft das Seil von hier aus weiter, wie herum wird dieser oder jener Nodome gelegt, etc., etc. Und dann natürlich gleich “falsch” herum, also mit den Armen vor dem Bauch. Im Sitzen. Na gut, man wächst ja bekanntlich mit den Aufgaben. Auch hier sehr erfrischend die Unkompliziertheit des Sensei. Während mir bisher gerade dieses Basispattern immer mit viel Regelfickerei und Hang zur Perfektion eingebleut wurde, hier ein legeres “Passt schon”, wenn die Seilenden mal nicht exakt gleichlang waren, oder mal ein Hauch unterschiedlicher Spannung auf den Lagen war. Auch die fast schon berüchtigte neue Knotenverstärkung am Hauptstamm war jetzt zwar insgesamt wichtig, aber wurde mir schon wieder anders gezeigt. Tenor wie auch schon bei Nawasabi: Hauptsache, das hält! Natürlich folgt trotzdem alles den uralten Prinzipien von Technik und Ästhetik. Fertig. Das dritte Seil war dran und genügte den Ansprüchen.
Jetzt das Bunny in den Schneidersitz verbringen, Seil um die Fußgelenke, dieses mit dem Hauptstamm verbinden, Spannung drauf, und schon wurde aus Nicole ein Shrimp (Ebi). Fehlt nur noch die Tsuri line und dann ab in die Luft. Aber Moment!
Was wird das? Kurzseil, Karabiner und Flaschenzug! Na, hier haben wir aber einen glasklaren Bruch mit der Tradition, die auch für Hängebondages eigentlich nur Seilkonstrukte kennt.
Aber nun gut, öfter mal was Neues. Ich bin mir nicht sicher, ob das unser Weg bleibt, denn das Seil auch als Flaschenzug zu verwenden ist nicht wirklich schwer und hat den Vorteil, dass es leicht und universell verwendbar ist und vor allem, dass man eigentlich immer genug davon dabei hat. Und vor allem, letztes Jahr hat uns auf der passion ein wirklich grottiger Westerntüdler mit einem elektrisch betriebenen Flaschenzug auf der Bühne echt übelst geschockt!
Tatsächlich bot die Ebi Zuri ganz neue Herausforderungen und Belastungen. So lag die Hauptlast mal nicht auf dem Oberkörper, sondern tatsächlich auf einem Taillenseil; einer einzelnen Doppelseillage. Nicole war sich nicht sicher, ob sie diese Belastung lange aushalten könne. Sie hat das dann aber mit Bravour gemeistert, obwohl ich beim Auffesseln des TK unter Anleitung wenig Energietechniken einsetzen konnte, sie also nicht mehr wirklich im Bunnyspace ankommen konnte. Die Belastung an sich hat aber doch eine erstaunlich schnelle Wirkung gezeigt. Nur als wir die Belastung veränderten, indem wir den Oberkörper weiter abkippten, war die Grenze dann schnell erreicht. Beim Rückweg auf den Boden zeigten sich dann für mich die Tücken des Flaschenzugsystems. Das darin verwendete Baumwollseil verhält sich halt komplett anders, als meine gewohnte und geliebte Jute! Selbst Hanf hätte mehr Fluss zugelassen. So war alles hakelig und fummelig. Erwähnte ich schon, dass ich wohl lieber beim traditionellen Konstrukt bleibe?
Wer jetzt denkt, dass das jetzt alles war, der täuscht. In viereinhalb Stunden kann man viel lernen und viel machen. Die Zeit reichte dann tatsächlich noch für eine weitere Suspension. Ich spare mir die Worte und lasse das Bild für sich sprechen…
Am frühen Abend waren wir dann fertig, und zwar im wahrsten Wortsinne. Waschen, denn wir stanken beide wie die Iltisse, umziehen, noch etwas trinken, abklatschen in der Red Hall mit dem nächsten Paar, und dann ab auf den Kiez, noch mit einer Freundin etwas essen gehen.
Zum Thema “A letter from Embühren” gehört dann noch das “1. Nawakai mit Osada Steve” in Hamburg und das, was jetzt diese Woche deswegen folgte. Aber das ist ein anderes Thema, was ich separat behandeln möchte.